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Horizont der Möglichkeiten

Alu-Dibond, Meta-Wz: 0081

Text: Annegret Neunzig

Horizont der Möglichkeiten

Horizont der Möglichkeiten

 

Im Monat Mai möchte ich Sie/euch einladen, das Bild immer mal wieder anzuschauen und mit dem Blick auf dem Bild zu verweilen.

Was passiert?

 

Ich habe es lange angeschaut und auf mich wirken lassen.

Mein Blick erfasst das Bild als Ganzes, das aber hält der Blick nicht lange aus. Er switcht hin und her und hält schließlich bei der Mittellinie inne. Die Mittellinie zieht den Blick magisch an.

Mittellinie oder Horizont...

Der Horizont ist laut Duden eine Linie in der Ferne, an der sich Himmel und Erde bzw. Meer scheinbar berühren.

Hier im Bild ist der Horizont keine feine Linie, eher ein dicker Balken, der eine scharfe Trennung zwischen oberer und unterer Bildhälfte herbeiführt.

Hans-Georg Gadamer schreibt über Horizont im Lexikon der Argumente:

Alle endliche Gegenwart hat ihre Schranken. Wir bestimmen den Begriff der Situation eben dadurch, dass sie einen Standort darstellt, der die Möglichkeiten des Sehens beschränkt. Zum Begriff der Situation gehört daher wesenhaft der Begriff des Horizontes. Horizont ist der Gesichtskreis, der all das umfasst und umschließt, was von einem Punkt aus sichtbar ist. In der Anwendung auf das denkende Bewusstsein reden wir dann von Enge des Horizontes, von möglicher Erweiterung des Horizontes, von Erschließung neuer Horizonte...

Der Horizont im Bild trennt zwei mögliche Denkwelten voneinander – eine mathematisch strukturierte und eine musisch bewegte Welt. Von meinem Sichtpunkt aus, nehme ich beide Denkwelten wahr, gerade dadurch, dass mein Blick hin und her switcht. Der scharf gezogene Horizont fordert geradezu dazu auf, nicht nur auf einen Punkt zu schauen, sondern die unterschiedlichen Bild- oder Denkwelten in den Blick zu nehmen und so im Horizont verschiedene Möglichkeiten wahrzunehmen.

Und noch einmal Gadamer: Wer keinen Horizont hat, ist ein Mensch, der nicht weit genug sieht und deshalb das ihm Naheliegende überschätzt.

Freuen wir uns also an dem Horizont der Möglichkeiten.

 

 

 

 

 

 

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